Örtliche Anlaufstellen für Bürgerarbeit: Bestandsaufnahme - Analyse - Perspektiven
Projekttyp: | Machbarkeitsstudie |
Zeitraum: | Juni 2001 - September 2004 |
Auftraggeber: | Staatsministerium Baden-Württemberg |
Projektleitung: | Prof. Dr. Thomas Klie |
Projektmitarbeiter/innen: | Paul-Stefan Roß, Franz-Albert Heimer, Ulrike Scharte |
Zum Hintergrund
Im Dezember 1999 hat die Zukunftskommission Gesellschaft 2000 der Landesregierung Baden-Württemberg ihren Abschlussbericht vorgelegt (Zukunftskommission 1999). Im dritten Hauptteil des Berichts "Gesellschaftliches Engagement und Wege der Mitverantwortung" schlägt die Kommission als einen Weg der Förderung gesellschaftlichen Engagements die Einrichtung von "Börsen für Bürgerarbeit" vor:
"Zur Verbesserung der Rahmenbedingungen (für Bürgerarbeit – Anm. d. Autors) sollte ein Netzwerk von lokalen Börsen geschaffen werden, die als Vermittlungsstelle für freiwillige Dienste und als Anlaufpunkt für Bürgerinnen und Bürger dienen, die sich gern engagieren möchten. Ein "Landeskuratorium Bürgerarbeit" soll diese Aktivitäten wissenschaftlich begleiten und beraten und auch gegenüber der Politik vertreten" (Zukunftskommission 1999, 167; vgl. ausführlich a.a.O. 153f).
Mit dieser Empfehlung greift die Zukunftskommission eines der wesentlichen Ergebnisse der sechs Bürgerforen zum Thema "Gesellschaftliches Engagement" auf, die (am Modell der Planungszelle orientiert) im Laufe der Kommissionsarbeit durchgeführt worden waren. Das auf Grundlage dieser Foren erarbeitete "Bürgergutachten Ehrenamt und gesellschaftliches Engagement" führt aus:
"Gesellschaftliches Engagement wird gebremst durch gravierende Informationsdefizite. Deshalb soll als Informationsbasis ein für jedermann erreichbares, partei- und verbandsneutrales Kontaktbüro in der Gemeinde / im Stadtteil zur Vermittlung von Informationen und Tätigkeiten und zur Beratung für bürgerschaftliches Engagement geschaffen werden. Wichtig ist hier die Unabhängigkeit. Deshalb ist die Klärung der Grundfinanzierung von großer Bedeutung. (...) Das Bürgerbüro sollte nicht nur reagieren, sondern von sich aus aktiv auf die Bürgerinnen und Bürger zugehen" (Zukunftskommission 1999, 180f).
Das Gutachten formuliert sodann eine Reihe sehr konkreter Vorschläge zu den Hauptaufgaben, zu Trägerschaft, Finanzierung, Personalausstattung und Organisationsstruktur der avisierten Bürgerbüros (vgl. a.a.O. 181f).
Ministerpräsident Dr. Erwin Teufel hat am 16. Oktober 2000 in einer Rede vor dem Städtetag Baden-Württemberg in Stuttgart nochmals unterstrichen, er halte "Anlaufstellen, Bürgerbüros - oder wie immer Sie es nennen wollen - für ehrenamtliches, bürgerschaftliches Engagement in jeder Gemeinde des Landes in den nächsten zwei Jahren für notwendig, sinnvoll und machbar".
In der Koalitionsvereinbarung vom April 2001 heißt es u.a.: "Die Regierungskoalition wird die Anregung der Zukunftskommission Gesellschaft 2000 zur Schaffung sogenannter "Börsen für Bürgerarbeit" aufgreifen. Diese Börsen sollen als örtliche Anlaufstelle für Bürgerinnen und Bürger dienen, die sich gerne engagieren möchten. Wir bitten die Kommunen, solche Anlaufstellen einzurichten".
Zu berücksichtigende Aspekte
Diese Empfehlung zur Einrichtung lokaler Anlaufstellen für Engagement - erstmals öffentlich vorgetragen bei der Präsentation des o.g. "Bürgergutachtens Ehrenamt und gesellschaftliches Engagement" am 2.12.1998 durch Staatsminister Palmer - hat ein lebhaftes Echo ausgelöst. Die Diskussion hat deutlich gemacht, dass ein Versuch, den Vorschlag der Zukunftskommission umzusetzen, in jedem Fall folgende vier Aspekte berücksichtigen muss:
- "Börsen für Bürgerarbeit" werden im Grundsatz als ein sinnvolles Instrument zur Unterstützung des freiwilligen Engagements von Bürger/innen angesehen.
- Es besteht breiter Konsens darüber, dass die Umsetzung nicht anders als im Sinne einer dezentralen, im wesentlichen kommunal verantworteten Lösung erfolgen kann.
- Die Umsetzung erfordert zugleich ein sorgfältig zu definierendes Zusammenwirken von Land und Kommunen.
- In der baden-württembergischen Praxis existiert bereits eine Vielzahl von Modellen, die der von der Zukunftskommission vorgestellten Idee der "Börsen für Bürgerarbeit" sehr nahe kommen. Diese Modelle müssen zur Kenntnis genommen und ihre Erfahrungen genutzt werden
"Aktivierende" Studie zu Realisierungsmöglichkeiten
Vor diesem Hintergrund erscheint es sinnvoll, eine Machbarkeitsstudie zu Möglichkeiten, wie der Vorschlag zur Einrichtung von "Börsen für Bürgerarbeit" realisiert werden könnte, durchzuführen. Eine solche Studie hätte weniger das "ob", als vielmehr das "wie" einer Umsetzung zu prüfen. Zugleich sollte sie so angelegt sein, dass sie mit Blick auf das Umsetzungsziel bereits ein aktivierenden, beteiligende Funktion hat.
Eine dergestalt angelegte Studie würde nicht nur die für die Umsetzung des Vorschlags notwendigen Kenntnisse erbringen, sondern könnte zugleich als vertrauensbildende und akzeptanzschaffende Maßnahme wirken: Indem das Staatsministerium eine solche gründliche, v.a. beteiligungsorientierte Prüfung unternimmt, wie die Idee "Börsen für Bürgerarbeit" realisiert werden könnte, signalisiert es, dass in einem breiten Einvernehmen mit den relevanten Kooperationspartnern - insbesondere den Kommunen - vorgegangen werden soll.
Schritte der Studie
Sowohl die konkreten Vorschläge der Zukunftskommission als auch die Erfahrungen mit bereits bestehenden, vergleichbaren Einrichtungen machen deutlich, dass die Einrichtung von Börsen für Bürgerarbeit ein komplexes Implementationsvorhaben darstellt. Dem entsprechend muss auch eine Studie zu den Umsetzungsmöglichkeiten dieser Idee ein breites Spektrum von Perspektiven berücksichtigen. Deshalb wurden folgende vier aufeinander aufbauenden Arbeitsschritte durchgeführt:
1. Bestandsaufnahme vorhandener Anlaufstellen (Daten)
2. Exemplarische Auswertung der Erfahrungen mit vorhandenen Anlaufstellen (Erfahrungen)
3. Einholung von Expertisen (Perspektiven)
4. Abschlussbericht (Empfehlungen; siehe Kapitel 2.3)
Folgeprojekte
Aus den Empfehlungen der Studie entstanden bislang zwei Folgeprojekte:
1. Eine Veranstaltungsreihe, die für Anlaufstellen der Engagementförderung wirbt
2. Eine praxisnahe Arbeitshilfe für Entscheidungsträger/innen in Verwaltung, Politik und Verbänden
Eine weitere Empfehlung, die von kommunalen Praktikern kam, wird derzeit von der Landesregierung in Zusammenarbeit mit der Landesstiftung und dem Südwestfernsehen (SWR) umgesetzt: eine Fernseh-Show über bürgerschaftliches Engagement.
Aktuelles
> Einladung: 27.11.24 | zze und DSEE laden ein zur Podiumsdiskussion "Integrationskraft Demokratie" in der Landesvertretung Mecklenburg-Vorpommern in Berlin | mehr
> Neuerscheinung: Studienergebnisse zum Studienprojekt "Demokratische Integration 2.0" erschienen | mehr
> Die Ergebnisse der Evaluation des Förderprogrammes 'Engagiert in Baden-Württemberg' des Ministeriums für Soziales und Integration finden Sie hier
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